Handbuch zum Taschenbuchpreis |
Rezension zum
Buch von Luz Kerkeling: ¡LA LUCHA SIGUE! [Der Kampf geht weiter]. EZLN - Ursachen und
Entwicklungen des zapatistischen Aufstandes. |
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Endlich ist es da - das erste
deutschsprachige Buch, das den
Aufstand der Zapatistas IN UMFASSENDER WEISE darstellt und im Zusammenhang
mit der jüngeren Geschichte
Mexikos, der mexikanischen Politik, dem zapatistischen Politikverständnis sowie seiner
Ausstrahlung auf die weltweite Antiglobalisierungspolitik analysiert. In den letzten 7 Jahren hat es eine
Reihe von Büchern zu dieser Thematik gegeben. Aber von der „Aufstand der Indios in Chiapas“
(Schmidt, 1996) bis zu „FOXtrott in Mexiko (Boris & Sterr 2002) unterscheiden diese Bücher sich vom
vorliegenden, indem sie nur zeitlich, geographisch oder inhaltlich begrenzte Teile des Konflikts
beleuchteten. |
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Das Buch ist in drei Hauptkapitel
gegliedert. Das erste -
„Hintergrund: Mexiko - Politik und Gesellschaft“, das etwa ein Drittel des
Buches beansprucht, beginnt mit
einer knappen Darstellung der mexikanischen Revolution von 1910-17. Die folgenden Abschnitte befassen
sich mit dem politischen System (Präsidialherrschaft, Parteien, Parlament) und den
gesellschaftlichen Akteuren (Gewerkschaften, Frauen- und Studentenbewegungen, Indigena-
und Campesino-Organisationen, Guerilla-Gruppen, Kirche). Gesonderte Abschnitte sind der
neoliberalen Wirtschaftspolitik und ihren Abkommen (NAFTA, ALCA) und dem Plan Puebla Panama gewidmet. |
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Das zweite Hauptkapitel - „Der
zapatistische Aufstand in
Chiapas“ - geht aus von der Entwicklung der Landfrage seit 1822, die -
zusammen mit der
wirtschaftlichen Struktur, dem starren Herrschaftsgefüge, der Diskriminierung
und Marginalisierung
insbesondere der indigenen Bevölkerung - zu den Hauptursachen des
zapatistischen Aufstandes von
1994 zählt. Jeder dieser und weitere Aspekte kommen in einem gesonderten Abschnitt zur Sprache. Die
Zapatistische Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) ist nur zu
verstehen, wenn man sie als
Einheit aus zivilen Unterstützungsbasen und der Guerilla selbst
versteht. Diese beiden
„Sektoren“ des zapatistischen Aufstandes werden in ihrer zeitgeschichtlichen Entwicklung,
beginnend in der Mitte der 70er Jahre, analysiert. Dabei ist die Aufmerksamkeit, die der Autor der
Rolle der Frauen in der EZLN schenkt, besonders erfreulich: Auf 10 Seiten wird diese Thematik
speziell behandelt. Die Darstellung des zapatistischen Aufstandes an sich umfasst Abschnitte
zum 12tägigen Bürgerkrieg, die (bislang erfolglosen) Friedensverhandlungen, die
Landbesetzungen, das Autonomiekonzept der Zapatistas sowie die regelmäßigen umfangreichen Bemühungen
der „Medienguerilla“ zur Mobilisierung der Zivilgesellschaft auf nationaler und internationaler
Ebene. Abschließend werden in diesem Hauptkapitel aktuelle Entwicklungen aus jüngster Zeit wie z.B. die
Hintergründe der drohenden und z.T. bereits realisierten Vertreibung ganzer Siedlungen zapatistischer
Sympathisanten aus den Gebiet der
Montes Azules diskutiert. |
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Im kurzen, aber wichtigen dritten
Hauptkapitel -„Reflexion:
Entwicklungen des zapatistischen Aufstands“- geht es um das
zapatistische
Politikverständnis. Zum zapatistischen Politikverständnis ist in den
vergangenen Jahren viel
publiziert worden. Es ist sehr nützlich, dass die Kernpunkte der
linken Diskussion zu diesem
Thema hier noch einmal zusammengefasst und kritisch gewertet wurden.
Der Problemkreis wird mit
Stichworten wie dem Verhältnis zu Macht und Herrschaft, der indigenen
Identität, Tradition, Nation,
Nationalstaat und Würde umrissen. Letzteres „ein Wort, welchem weder in
der kapitalistischen
Wirtschaftslogik noch in der marxistischen Theorie (..) Bedeutung gegeben
wird.“ Zu Unrecht, ist die Würde
doch die positive Kehrseite dessen, was bei Marx unter dem Begriff Entfremdung erscheint und „kann so zu
einem Gewinn an Eigenständigkeit führen.“ Wichtig auch, dass mit klaren Worten auf die aus eurozentrischer
Sicht formulierte Kritik an der EZLN
bezüglich ihres „Nationalismus“ eingegangen wurde: „Gerade für die
Diskussion in Europa ist es
wichtig herauszustellen, dass die EZLN unter keinen Umständen als
nationalistisch zu beurteilen
ist, ... Die ‚nación’ ist (..) keineswegs gleichbedeutend mit der ‚Nation’
der westlich(en) Linken. Währen
unsereins stets - und gerade in Deutschland - zu einer konstruierten Nation gehörte, zu der
wir nicht gehören wollen, sind die Indigenas Mexikos ... stets aus der Nation ausgeschlossen
worden... Die ‚nación’ der EZLN ist daher eher mit ‚Gesellschaft’ denn mit ‚Nation’ zu übersetzen.“ |
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Der flüssig geschriebene Text wird
durch 267 geschickt platzierte
Fußnoten ergänzt, die einen Fundus an Detail- und Hintergrundinformationen
bieten. Das Buch ist
ausgezeichnet gegliedert, so dass man sich mühelos darin zurechtfindet und
die gezielte Suche nach
Informationen zu einzelnen Sachverhalten leicht fällt. Mit seinen 287 Quellenangaben unterscheidet es sich
von einem „Handbuch“ zu dieser Thematik lediglich dadurch, dass es zum Taschenbuchpreis verkauft
wird. Es sollte zur Pflichtlektüre für jedeN gehören, die/der sich auf irgendeine Weise mit
Mexiko im allgemeinen und Chiapas im besonderen befasst oder an Fragen der globalen Rezeption des zapatistischen
Politikverständnisses arbeitet. Es
stellt ein Nachschlagewerk zu diesem Abschnitt der mexikanischen
Geschichte dar. Bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass das Buch (im deutschsprachigen Raum) als Korrektiv
für das ungerechtfertigte Nachlassen der Resonanz auf die Inspirationen, die von dem
zapatistischen Projekt ausgingen und ausgehen, wirkt. Die Qualität dafür hat es. |
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Peter Clausing |
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Luz Kerkeling: ¡LA LUCHA SIGUE! [Der
Kampf geht weiter]. EZLN -
Ursachen und Entwicklungen des zapatistischen Aufstandes. Unrast-Verlag,
Münster 2003. 16,- Euro. ISBN
3-89771-017-X
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B.A.S.T.A. |